© 2014 Holger Albers

Januar 2015 - Den Konjunktiv kennen

Die deutsche Sprache wird einfacher. Nicht etwa, weil schon wieder eine Rechtschreibreform mit unausgegorenen Kompromiss- und Konsenslösungen droht, sondern weil bestimmte Formen von Wörtern immer seltener im Gebrauch sind. Dazu gehört ganz sicher der Konjunktiv. Seine Anwendung erscheint manchen Zeitgenossen überflüssig. Etwa bei seinem Hauptanwendungsgebiet, der indirekten Rede.


Wie sieht das Ergebnis bei einem Beispielsatz wie: Paul sagt: "Ich war gestern im Kino." aus? In vielen Fällen werden Doppelpunkt und Anführungstriche durch ein Komma ersetzt werden - das war's: Paul sagt, er war gestern im Kino. Was inhaltlich durchaus verstanden werden kann, ist dennoch sprachlich falsch. Und um einer Nachfrage direkt den Wind aus den Segeln zu nehmen: Nein, die letzte Rechtschreibreform sieht hierfür weder eine Ausnahme noch eine 'Kann'-Regelung vor. Einzig richtig wird dieser Satz mit Hilfe des Konjunktivs: Paul sagt, er sei gestern im Kino gewesen.


Das ist durchaus anspruchsvoll, da gerade bei unregelmäßigen Verben der Konjunktiv nicht abgeleitet, sondern nur auswendig gelernt werden kann. Noch etwas mehr verlangt der Konjunktiv II vom Schreiber. Nehmen wir also wieder Paul und außerdem an, aus seinem Kinobesuch sei nichts geworden. Der Satz müsste lauten: Paul sagte, er wäre gestern gerne im Kino gewesen. Weil hier ein Wunsch in der Vergangenheit liegt und naturgemäß auch nicht mehr erfüllt werden kann, wird diese Form auch Irrealis genannt. Wenig schmeichelhaft ist eine Formulierung, die den Konjunktiv aus diesem Grund als die Zeitform der Verlierer bezeichnet. Das ist ausschließlich inhaltlich gemeint, denn wer den Konjunktiv beherrscht, gehört eindeutig zu den Gewinnern.

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